Sat, 07. December 2024

Frauenhilfe Walpershofen feiert 100-jähriges Jubiläum

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Frauenhilfe Walpershofen feiert 100-jähriges Jubiläum

Geschrieben von: Redaktion Organisationen

Theateraufführung der Frauenhilfe Walpershofen

Theateraufführung der Frauenhilfe Walpershofen im Jahr 1928

„Motor des Gemeindelebens“

Köllertal. Früher gab es in beinahe jedem Dorf mit vorwiegend evangelischer Bevölkerung einen Ortsverein der Frauenhilfe. Heute sind sie selten geworden. Im Riegelsberger Ortsteil Walpershofen wird diese Tradition noch groß geschrieben und das seit einem Jahrhundert. Am Frauenhilfe-Sonntag, dem 1. Advent, feiert die Frauenhilfe Walpershofen ihr 100-jähriges Jubiläum.

Aber war die Gründung des Frauenhilfsverein auch der Beginn der Frauenarbeit? Joachim Conrad, Pfarrer der Kirchengemeinde Kölln und Kirchenhistoriker, kennt alle vorliegenden Daten und Fakten. Die sind jedoch für die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg eher dürftig. „Leider wurde fast alles zerstört“, so sein Bedauern. Er vermutet, dass die Frauenhilfe Walpershofen schon vor 1924 bestand, weil sich für dieses Jahr bereits Spuren eines aktiven Vereinslebens nachweisen lassen. Somit konstatiert er: „Wir feiern in diesem Jahr die erste belegte urkundliche Erwähnung.“

Anlass genug für einen Hausbesuch bei zwei Urgesteinen der Frauenarbeit im Köllertal. Brunhilde Sander und Ingrid Siegwart sitzen am Tisch in der „guten Stube“ bei Sanders in Walpershofen. Eigentlich könnten beide mit dem Verein ein Doppeljubiläum feiern, sind sie doch seit rund 50 Jahren Vorstandsmitglieder der Frauenhilfe Walpershofen.

Sander, Jahrgang 1942, führt den Verein seit 1978 als Vorsitzende und war zuvor schon länger in der Frauenhilfe aktiv. Noch gut kann sie sich erinnern an das Jahr 1971, als die Walpershofer Frauen erstmal einen ordentlichen Vereinsvorstand wählten. Bis dahin gab es nur Delegierte für den Kreisverband, die sogenannten Bezirksfrauen. Die Gestaltung der Zusammenkünfte übernahm häufig die Ehefrau des jeweiligen Gemeindepfarrers. Doch der damalige Pfarrer Matthäus forcierte die Vorstandswahl und so kam es, dass Brunhilde Sander erst zur Kassenwartin und wenige Jahre später zur Vorsitzenden gewählt wurde.

Funktionsträgerinnen der Frauenhilfe Walpershofen im Jahr 1998
Funktionsträgerinnen der Frauenhilfe Walpershofen im Jahr 1998, mit Vorsitzender Brunhilde Sander (M.) und Schriftführerin Ingrid Siegwart (4.v.l.) - © Marc Kettenmann

Mit der Umstrukturierung sei die Frauenhilfe gleichsam flügge geworden. „Früher wurden die Frauen berieselt von der Pfarrersfrau und haben sich nicht getraut etwas zu sagen“, betont auch Siegwart. Mit Brunhilde Sander am Ruder sei eine andere Zeit angebrochen. „Wir wurden zum Mitmachen aufgefordert.“ Das gefiel ihr und war der Grundstein für ihr langjähriges Engagement. Denn dass sie überhaupt der Frauenhilfe beitrat, war anfangs weniger ihrer Neigung als den ortsüblichen Traditionen geschuldet. „Ich wusste nie was damit anzufangen, aber meine Schwiegermutter hat gesagt: ‚Du bist jetzt verheiratet, also ab in die Frauenhilfe‘“. Wie viele andere ging Siegwart hin, 1975 war das, als 26-jährige, und wurde prompt zur Schriftführerin gewählt, „weil sonst keine wollte“. Dass sie das Amt durchgängig bis zum heutigen Tag ausüben würde, hätte sie sich nicht träumen lassen. Nicht zuletzt ist das dem guten Miteinander im Vorstand geschuldet. „Es gab nie Streit in all den Jahren“, sagen sie und Sander. So konnte „frau“ sich ganz auf ihre inhaltlichen Ideen konzentrieren.

Die Arbeit der Frauenhilfe hatte im Wesentlichen zwei Schwerpunkte. Da sind einerseits die bis heute regelmäßigen Gruppenstunden mit Andacht, Musik sowie Kaffee und Kuchen. Im Mittelpunkt steht ein Gespräch über wechselnde Themen, zu denen vorher Impulstexte vorgelesen werden. Das können kirchliche oder geistliche Themen sein, manchmal wurde es auch schon politisch, aber immer bezogen auf Frauen und ihr Leben. Beispiel: Thema Kriegsführung. „Man sagt immer, dass man Frieden möchte, doch den gibt es nicht“, so Sander. Wie aber verhält man sich als Mutter, wenn Kinder Krieg spielen? Auf diese Weise ergaben sich immer wieder interessante Gespräche. Heute finden diese Treffen im Evangelischen Gemeindehaus Walpershofen statt, in frühen Jahren auch zeitweise in Privathaushalten.

Der zweite Schwerpunkt lag stets auf der Benefizarbeit. Mit zahlreichen kreativen Aktionen, vor allem aber ab 1984 mit großen Gemeindefesten wurde Geld gesammelt zugunsten kirchlicher und diakonischer Arbeit. „Ohne die Frauenhilfe wäre die Kirche in Walpershofen nicht gebaut worden“, betont auch Pfarrer Conrad. Dieses Projekt, eine eigene Kirche für den Riegelsberger Ortsteil, sei wohl auch der Anlass für die Gründung des Frauenhilfe-Ortsvereins gewesen, vermutet der Kirchenhistoriker. Belegt sind jedenfalls mehrere große Basare zugunsten des Baus der 1929 eingeweihten Kirche sowie spätere Aktionen zur Renovierung – und die Anekdote, dass die „Frauenhilfs-Männer auf Veranlassung ihrer Frauen“ auch schonmal auf die Gerüste an der Kirche gestiegen seien und den Putz von der Fassade gekratzt hätten.

Legendär waren auch die Eiersammlungen zu Ostern zugunsten des früheren Holzer Waisenhauses (heute Jugendheim der Diakonie). „600 bis 700 Eier haben wir im Kinderwagen gesammelt und dorthin geschafft“, erinnert sich Sander.

Zuletzt schaffte es die Frauenhilfe in den 2010er-Jahren einen Gewinn von 56.000 Euro zugunsten der Sanierung des evangelischen Gemeindehauses Köllertal zu erwirtschaften. So liegt es nahe, dass Gemeindepfarrer Conrad voll der Wertschätzung für die Damen des Vereins ist. „Die Frauenhilfe war früher der Motor des Gemeindelebens“, sagt er.

Neben all den Mühen blieb aber stets noch Zeit für gemeinsame Freizeitgestaltung. Theateraufführungen und Modenschauen gab es in all den Jahren. Und die Walpershofer Frauen hielt es nicht in der Heimat. Regelmäßig lockte die Ferne mit Tages- oder mehrtägigen Fahrten, an die sich noch viele Jahre später gerne erinnert wird, beispielsweise an den Chiemsee (1978), nach Mitteldeutschland (1996), oder nach Berlin (2000). „Wir waren gudd druff“, erinnert sich Siegwart an fröhliche Busfahrten und schöne Erlebnisse.

Derzeit besteht die Frauenhilfe Walpershofen aus 56 weiblichen Mitgliedern, dazu gehören darüber hinaus zwölf Männer als Fördermitglieder. Wie es in ein paar Jahren aussehen wird, ist ungewiss. „Wir sind ein Auslaufmodell“, bedauert Siegwart, Wenn der derzeitige Vorstand in absehbarer Zeit die Arbeit nicht mehr fortführen kann oder will, wird der Verein wohl zum Erliegen kommen, da es keine Nachfolgerinnen gibt. Nun soll aber erst einmal das Jubiläum mit allen Weggefährtinnen gefeiert werden.

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