Seit 35 Jahren Frauenbeauftragte des Saarpfalz-Kreises: Birgit Rudolf - © Gitte Tauch

Auch in Deutsch­land sei man noch immer recht weit von ein­er tat­säch­lichen Gle­ich­stel­lung ent­fer­nt, unter­stre­icht Bir­git Rudolf. So ver­di­enen Frauen im Schnitt etwa 20 Prozent weniger als Män­ner. „Diese Lohn­lücke, auch ‚gen­der pay gap‘ genan­nt, muss drin­gend beseit­igt wer­den“, fordert Bir­git Rudolf, „hier­an wirken Frauen­büros oder Gle­ich­stel­lungsstellen.“

Bis auf Bun­de­sebene sind die kom­mu­nalen Frauen­beauf­tragten aktiv und gut ver­net­zt. Sie führen zu den unter­schiedlich­sten The­men und Prob­lem­stel­lun­gen Aufk­lärungskam­pag­nen oder Ver­anstal­tun­gen durch, um die Öffentlichkeit zu sen­si­bil­isieren, auf Gle­ich­stel­lungs­de­fizite aufmerk­sam zu machen oder die Poli­tik von notwendi­gen Maß­nah­men zu überzeu­gen.

Dabei wer­den auch Anträge an die Bun­de­sar­beits­ge­mein­schaft der kom­mu­nalen Frauen- und Gle­ich­stel­lungs­beauf­tragten gerichtet oder an die Bun­desmin­is­te­rien weit­ergegeben. Nur so kön­nten langfristig Verän­derun­gen erzielt wer­den, ist Bir­git Rudolf überzeugt und führt weit­er aus: „Durch unsere Beratungstätigkeit erfahren wir stets aktuell, wo es infra­struk­turelle, aber auch gesamt­ge­sellschaftliche Defizite hin­sichtlich der Gle­ich­stel­lung und Berück­sich­ti­gung der Lebenswirk­lichkeit von Frauen gibt. Da wir den Fokus auf Geschlechterg­erechtigkeit – eines der UN-Ziele für nach­haltige Entwick­lung – leg­en, sind wir in der Lage, Vorschläge für pos­i­tive, aus­gle­ichende Maß­nah­men zu machen und diese gegebe­nen­falls in Abstim­mung mit der eige­nen Ver­wal­tung und den Räten umzuset­zen. Im Saarp­falz-Kreis haben wir bish­er viele unter­schiedliche Pro­jek­te, Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen, Kurse, Sem­i­nare und Vorträge ange­boten, um Frauen zu qual­i­fizieren und zu informieren.“ Als beson­ders gelun­ge­nes und zielführen­des Pro­jekt nen­nt Bir­git Rudolf die „Koor­dinierungsstelle Frau und Beruf“. In diesem Rah­men führt der Saarp­falz-Kreis seit 2004 Beratun­gen, Coach­ing und Men­tor­ing-Pro­gramme erfol­gre­ich durch. Nach diesem Beispiel wur­den in den ver­gan­genen Jahren auch in allen anderen saar­ländis­chen Land­kreisen Beratungsstellen ein­gerichtet.

„Das Frauen­büro und seine Mitar­bei­t­erin­nen sind der Motor, um The­men rund um gle­ich­w­er­tige und geschlechterg­erechte Lebensver­hält­nisse in der gesellschaftlichen Entwick­lung zu ver­ankern. Darauf kön­nen und wollen wir nicht verzicht­en. Dass wir hier auf dem richti­gen Weg sind, das beweisen nicht zulet­zt die zahlre­ichen pos­i­tiv­en Rück­mel­dun­gen von Frauen, die in Kon­takt mit dem Frauen­büro standen oder ste­hen. Daher bin ich für die Exper­tise und die Unter­stützung, die von unserem Frauen­büro aus­ge­ht, sehr dankbar“, betont Lan­drat Dr. Theophil Gal­lo.

Bir­git Rudolf weiß, bei welchen The­men die Belange der Frauen noch stärk­er berück­sichtigt wer­den müssen. „Wir stellen lei­der fest, dass in Deutsch­land und auch im Saar­land noch keine aus­re­ichende Umset­zung der Istan­bul-Kon­ven­tion (Übereinkom­men des Europarats zur Ver­hü­tung und Bekämp­fung von Gewalt gegen Frauen und häus­lich­er Gewalt) erfol­gt ist in dem Sinne, dass noch keine flächen­deck­ende Ausstat­tung mit Beratungsstellen und Notun­terkün­ften bzw. Frauen­häusern vorhan­den ist. Bun­desweit fehlen etwa 8300 Plätze. Auch das Saar­land ver­fügt derzeit nur über 31 statt der von der Istan­bul-Kon­ven­tion vorgegebe­nen 100.“

Auch beim The­ma „Vere­in­barkeit von Fam­i­lie und Beruf“ sieht Bir­git Rudolf die Gesellschaft noch nicht in gerecht­en Lebensver­hält­nis­sen angekom­men: „Auf­grund fehlen­der Kinder­be­treu­ungsplätze sind noch viele Frauen gezwun­gen, beru­flich zurück­zusteck­en, was sich natür­lich auch wieder auf die Einkom­menssi­t­u­a­tion auswirkt und den ‚gen­der pay gap‘ ver­fes­tigt. Fortschritte in Rich­tung par­itätis­ch­er Auf­gaben­teilung in der Fam­i­lie sind in der jün­geren Gen­er­a­tion langsam sicht­bar. Den­noch sind es die Frauen, die weitaus stärk­er einge­bun­den sind in die Care-Arbeit, d. h. die Sorge für und um Kinder und zu pfle­gende Ange­hörige, als ihre Part­ner. Auch hier beste­ht noch großer Hand­lungs­be­darf.“

Und wie ste­ht es mit Frauen in Führungspo­si­tio­nen? „Die sind eben immer noch rar. Auch in der Poli­tik sind wir weit von ein­er par­itätis­chen Beset­zung der Kom­mu­nal­par­la­mente ent­fer­nt“, antwortet die Frauen­beauf­tragte.

Bir­git Rudolf zieht ein klares Faz­it: „Es gibt noch sehr viel zu tun. Unser Ziel, uns als Frauen- oder Gle­ich­stel­lungs­beauf­tragte über­flüs­sig zu machen, haben wir trotz aller Anstren­gun­gen wohl noch lange nicht erre­icht.“

Hin­weis: Der neue Men­tor­ing-Prozess hat wieder begonnen. Es sind nur noch wenige Plätze frei. Wer noch ein­steigen möchte, set­zt sich bitte mit dem Frauen­büro des Saarp­falz-Kreis­es, Tel. (06841) 104‑7138, in Verbindung.

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