Mit der Vespa nach St. Herblain

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© Stadt St. Ingbert

Erinnerungen eines St. Ingberters an die Städtepartnerschaft mit St. Herblain.

Fast 92 Jahre ist der St. Ing­bert­er Uhrma­cher­meis­ter Karl-Horst Schmitt. Ein ver­schmitztes Lachen, helle Augen und einen blitzschnellen Geist hat er, wenn auch die Arme und Beine nicht mehr so richtig wollen. „Das Essen schmeckt und ich kann klar denken, das ist wichtig!“, lacht Herr Schmitt bei einem Tre­f­fen, bei dem er über seine Erin­nerun­gen über die Part­ner­stadt St. Herblain spricht. 

„Wie die Sache begann“

Als 1981 die erste Del­e­ga­tion aus Frankre­ich in St. Ing­bert ankam, fehlte ein Dol­metsch­er. So rief man im nahe gele­ge­nen Uhrengeschäft an, bat Her­rn Schmitt um Hil­fe und schon die ersten Kon­tak­te zu den St. Herblain­ern geknüpft. „So hat die Sache begonnen“, lacht der alte Uhrma­ch­er. Ent­standen ist eine langjährige und inten­sive Fre­und­schaft mit ein­er Fam­i­lie, zahlre­iche gegen­seit­ige Besuche und wun­der­bare Erin­nerun­gen an freuden­re­iche Momente. „Im Zelt haben sie bei uns und den Nach­barn über­nachtet und wir haben ganze Nächte lang gemein­sam gegrillt, gefeiert und gelacht“, erin­nert er sich. Der Höhep­unkt der Fre­und­schaft: Im Som­mer 1989 fuhr Karl-Horst Schmitt mit sein­er Ves­pa nach St. Herblain. Als pas­sion­iert­er und in inter­na­tionalen Clubs engagiert­er Ves­pa-Fahrer waren die rund 800 km für ihn zwar kein Kinder­spiel, aber eine einzige Freude. „Meine Ves­pa ‚raste‘ ja nur durch­schnit­tlich 45 km/h, sodass ich die Reise nicht an einem Tag bewälti­gen kon­nte. In der franzö­sis­chen Stadt Bel­gar­de habe ich in ein­er kleinen Unterkun­ft über­nachtet. Da es keine Garage gab, durfte ich meine Ves­pa im Pfer­destall unter­stellen und mein Zim­mer lag genau über dem Stall.“ 

Lebhafte Erinnerungen

In St. Herblain bei den Fre­un­den angekom­men, stat­tete er auch im Rathaus seinen Antritts­be­such ab. „Plöt­zlich kam ein aufgeregter Fran­zose ins Büro des Bürg­er­meis­ters. ‚Wem gehört die Ves­pa draußen? Sie ist umge­fahren wor­den!‘“ Doch das Gefährt hat­te keinen Schaden genom­men und der Deutsche kon­nte seine Rück­reise prob­lem­los antreten. Bei ein­er näch­sten Reise hat­te die Ves­pa eine Panne. Herr Schmitt war zwar mit eini­gen Ersatzteilen aus­ges­tat­tet, das benötigte Werkzeug war jedoch nicht an Bord. So suchte und fand er eine franzö­sis­che Werk­statt, in der er seine Ves­pa repari­eren kon­nte. Der Händler war so beein­druckt, dass die bei­den noch lange Jahre Ves­pa-Ersatzteile per Post untere­inan­der aus­tauscht­en.

„St. Herblain ist die Stadt der Verkehrskreisel“, erin­nert sich der Senior an eine weit­ere Anek­dote. Als die Part­ner­stadt im Som­mer 1989 den „Rond Point ‚St. Ing­bert‘“ ein­wei­hte, waren nicht nur die St. Ing­bert­er Fre­unde, son­dern auch die Fre­unde der anderen St. Herblain­er Part­ner­städte, N’Diaganiao (Sene­gal) und Water­ford (Irland) angereist. Alle standen feier­lich um den neuen Kreisel herum, als Herr Schmitt anreiste. „Warten alle diese Men­schen auf mich?“, rief er nach eigen­er Aus­sage laut aus und lacht noch heute laut über diese komis­che Sit­u­a­tion.

Auch bei den Besuchen der Fran­zosen in St. Ing­bert waren Herr Schmitt und seine Fam­i­lie immer Gast­ge­ber für die Fre­unde. Ein beson­der­er Anlass war die 1100-Jahrfeier in St. Ing­bert, zu der eine St. Herblain­er Fußball­mannschaft zu einem Turnier ins Saar­land kam. „Denen hat unser Bier immer so gut geschmeckt“, erzählt er über die vie­len Besuche. Zahlre­iche Fotos bele­gen gesel­lige Run­den mit Erwach­se­nen, Kindern, Grill­wurst und Bier – „… es war eine wun­der­bare Zeit, die uns alle sehr bere­ichert hat.“ Die meis­ten Fre­unde seien bere­its ver­stor­ben, aber noch heute hat Karl-Horst Schmitt regelmäßi­gen Tele­fon- und Briefkon­takt zu den Kindern sein­er Gast­fam­i­lie.

Gesellenjahre in Frankreich

Schmitt ist 1930 geboren und hat das Uhrma­cher­handw­erk erlernt. Nach dem Gesel­len­ab­schluss traf er einen im Saar­land leben­den franzö­sis­chen Vertreter der Uhrma­cher­branche, der ihn 1950 nach Mon­teaux im Départe­ment Doux an ein Uhren­bau-Unternehmen, die Fir­ma Catin, ver­mit­telte. Damals sprach Schmitt kein Franzö­sisch, aber er lernte schnell und arbeit­ete sich inner­halb von vier Jahren vom Chef d’Equipe (Team­leit­er) über den Con­struc­teur (Kon­struk­tion­sleit­er) zum Chef d’Atlier (Werk­stat­tleit­er) hoch. Doch dann bat ihn sein Vater, in die Heimat zurück­zukehren, wo er in Kirn und Koblenz die Meis­ter­schule besuchte, um sich 1956 selb­st­ständig zu machen. Seine fließen­den Franzö­sis­chken­nt­nisse hat er sich bis heute bewahrt.

Die Zukunft

Obwohl das Leben dem hochbe­tagten Karl-Horst Schmitt und sein­er Fam­i­lie nicht immer gut mit­ge­spielt hat, ist er voller schön­er und freudi­ger Erin­nerun­gen, die ihn weit­er jung hal­ten. Was wün­scht er sich für die Zukun­ft? „Dass es keinen Krieg mehr gibt. Wir haben viel daraus gel­ernt, aber ich hoffe, dass die jun­gen Men­schen das heute auf andere, friedliche Weise ler­nen“, ist seine erste Reak­tion. „Neugi­er auf andere Men­schen, Län­der und Sit­ten ist wichtig, das hält den Men­schen flex­i­bel“, fügt er hinzu.

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